Das Mädchen und der Weg
In einem fernen Dorf wird ein Mädchen mit einem Herzen voller Träume von ihrem Weg gerissen. Ihre Tränen werden zu einem Ruf, den der Wald nicht ignorieren kann.
Es war einmal, in einem weit entfernten Dorf, ein Mädchen namens Amara. Ihr Dorf war klein, bestand aus Lehmhütten und Strohdächern, und ringsherum lagen endlose gelbe und grüne Felder, die im Wind wie ein grenzenloses Meer wogten. Jeden Morgen wachte Amara früh auf, mit dem Gesang der Hähne und dem Duft des Brotes, das ihre Mutter im Feuer backte. Dann nahm sie ihr Heft und ging mit leichtem Schritt den Pfad entlang zur Schule im Nachbardorf.
Amara liebte es zu lernen. Ihre Augen leuchteten, wenn der Lehrer Geschichten erzählte oder neue Wörter beibrachte. Sie träumte davon, groß zu werden und eines Tages ihre eigene Geschichte zu schreiben, eine Geschichte voller Freiheit, Abenteuer und Mut. Sie war ein einfaches Mädchen, aber in ihrem Herzen brannte eine Flamme, heller als tausend Sterne.
Eines Nachmittags, als die Sonne unterging, ging Amara von der Schule nach Hause. Der Himmel färbte sich rot und orange, und die Schatten des nahen Waldes streckten sich wie sanfte Finger über die Erde. Amara pfiff eine Melodie, die sie in der Schule gelernt hatte, und freute sich darauf, bald ihre Mutter und ihren Vater wiederzusehen.
Doch an diesem Abend geschah etwas Schreckliches. Drei Männer tauchten auf dem Pfad auf, groß und dunkel wie Felsen. Ihre Augen funkelten vor Bosheit und ihre Schritte waren schwer wie Kriegstrommeln. Bevor Amara laufen oder schreien konnte, packten sie sie an den Armen und hoben sie vom Boden. Das Mädchen schrie, trat um sich, weinte, aber niemand kam ihr zu Hilfe: Die Felder waren leer, das Dorf weit entfernt.
Die Männer zogen sie mit sich, immer tiefer in den Wald, wo die Sonne nicht durch die Äste drang und die Luft kühl wurde. Das Mädchen wurde in eine dunkle Hütte gesperrt, mit verriegelten Fenstern und einer schweren Holztür. Drinnen gab es nur eine alte Strohliege und einen Geruch von Feuchtigkeit.
Amara sank zitternd zu Boden. Tränen liefen ihr über das Gesicht und ihr Herz schlug so heftig, dass es aus der Brust zu springen schien. Einen Moment lang dachte sie, es sei das Ende ihrer Träume, dass niemand sie je wiederfinden würde.
Doch in ihrem Inneren hörte Amara nicht auf zu kämpfen. Zwischen den Tränen begann sie zu rufen: — Hilfe! Hilfe! — schrie sie mit aller Kraft. Ihre Stimme verließ die Hütte, schlich durch die Blätter, prallte an den Bäumen ab und lief weit hinaus.
Der Wald hörte zu. Die Vögel verstummten, die Affen hielten inne auf den Ästen, selbst der Wind schien den Atem anzuhalten. Und irgendwo, in einem verborgenen Teil des Dickichts, erwachte ein junger Löwe.
Seine Mähne war noch kurz, seine Augen bernsteinfarben, und sein Herz, obwohl jung, begann die Last der Welt zu spüren. Langsam stand er auf, die Ohren gespitzt, und lauschte dem Ruf, den der Wind trug. Es war der Ruf eines Kindes.
Der junge Löwe, neugierig und unruhig, machte einen Schritt vorwärts, dann noch einen. Er wusste nicht warum, aber er spürte, dass dieser Ruf ein Zeichen war… ein Zeichen, das er nicht ignorieren konnte.
